- Betriebsrat
- I. Begriff:Gesetzlich berufenes Vertretungsorgan der ⇡ Belegschaft eines Betriebs innerhalb der ⇡ Betriebsverfassung. Als Organ der Betriebsverfassung wird der B. im eigenen Namen kraft Amtes tätig. Im Rahmen der eigentlichen ⇡ Betriebsverfassung ist der B. der hauptsächliche Träger der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer. Der B. ist die gemeinsame Vertretung der ⇡ Arbeiter und ⇡ Angestellten.- Im öffentlichen Dienst: ⇡ Personalrat.- Auf Konzernebene: ⇡ Gesamtbetriebsrat, ⇡ Konzernbetriebsrat.- Im Fall EU-weit operierender Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen: ⇡ Europäischer Betriebsrat.II. Gesetzliche Grundlage:Betriebsverfassungsgesetz i.d.F. vom 25.9.2001 (BGBl I 2518) m.spät.Änd.- Für die Wahl des B. und der ⇡ Jugend- und Auszubildendenvertretung gilt ergänzend die Wahlordnung vom 11.9.2001 (BGBl I 3494); für die Wahl der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, die auf Schiffen und im Seebetrieb die Beteiligungsrechte eines B. ausüben, ist die Wahlordnung Seeschifffahrt (WOS 2002) vom 7.2.2002 (BGBl I 594) maßgebend.III. Voraussetzung/Zusammensetzung:In allen Betrieben mit i.d.R. mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden B. gewählt (§ 1); auch die Seeschifffahrt ist in die Betriebsverfassung einbezogen (§§ 114–116).- Wahlberechtigt zum B. sind alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 7); grundsätzlich sind alle Wahlberechtigten wählbar, sofern sie sechs Monate dem Betrieb angehören (§ 8).- Die Anzahl der Mitglieder im B. ist von der Größe der Belegschaft abhängig (§ 9).IV. Wahl:Der B. wird in geheimer und unmittelbarer Wahl von den Arbeitnehmern des Betriebes aufgrund von Wahlvorschlägen gewählt (§ 14).- In Kleinbetrieben (5-50 wahlberechtigte Arbeitnehmer) gilt ein vereinfachtes Wahlverfahren nach § 14a BetrVG.- Die regelmäßigen Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai statt. Die Amtszeit des B. beträgt i.d.R. vier Jahre (§ 21).- Vorbereitung und Durchführung der Wahl obliegt dem ⇡ Betriebswahlvorstand.- Anfechtung der Wahl (§ 19 BetrVG): Bei Missachtung wesentlicher Vorschriften, die das Wahlergebnis beeinflusst haben kann, binnen zwei Wochen beim Arbeitsgericht.- Die Wahl des B. (v.a. auch die Bildung des Wahlvorstands) ist bes. geschützt (vgl. §§ 20, 103, 119 I Nr. 1 BetrVG; § 15 III–V KSchG).V. Geschäftsführung(§§ 26 ff. BetrVG): 1. Besteht der B. aus mehr als einer Person, so wählt er aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Der Vorsitzende oder im Fall seiner Verhinderung der Stellvertreter vertritt den B. im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse und ist zur Entgegennahme von Erklärungen, die gegenüber dem B. abzugeben sind, berechtigt (§ 26).- Größere B. (ab neun Mitglieder) müssen einen ⇡ Betriebsausschuss bilden, der die laufenden Geschäfte des B. führt (§ 27). Besteht ein Betriebsausschuss, so kann der B. auch weitere Ausschüsse bilden und ihnen bestimmte Aufgaben übertragen (§ 28).- 2. Die Mitglieder des B. führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt (§ 37 I). Aus seiner Wahrnehmung dürfen den Betriebsratsmitgliedern keine Vor- und Nachteile entstehen.- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Betriebsratsmitglieder in dem für die ordnungsgemäße Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Umfang von der Arbeit freizustellen (§§ 37 II, 38). Er hat die für die Arbeit des B. notwendigen Aufwendungen zu ersetzen; er hat die dafür erforderlichen sachlichen und räumlichen Mittel zur Verfügung zu stellen (§ 40).- Die Betriebsratsmitglieder sollen gegenüber dem Arbeitgeber möglichst unabhängig sein; deshalb sind sie bes. geschützt (u.a. §§ 37 IV und V, 38 III und IV, 78, 78a, 119 I Nr. 2 und 3) und genießen einen besonderen Kündigungsschutz (§ 103 BetrVG, § 15 I, IV und V KSchG).- 3. Mitglieder des B. können unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts und unter Übernahme der angemessenen Kosten durch den Arbeitgeber vom B. zur Teilnahme an solchen ⇡ Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entsandt werden, die für die Arbeit des B. erforderliche Kenntnisse vermitteln (§ 37 VI). Darüber hinaus hat jedes Mitglied des B. pro Amtsperiode Anspruch auf Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts für die Dauer von drei Wochen (bei erstmals gewählten Mitgliedern für die Dauer von vier Wochen) zur Teilnahme an solchen Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von den obersten Arbeitsbehörden der Länder als geeignet anerkannt sind (§ 37 VII).VI. Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen B. und Arbeitgeber:Grundsatznorm des BetrVG ist, dass Arbeitgeber und B. unter Beachtung der geltenden Tarifverträge und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes vertrauensvoll zusammenzuarbeiten haben (§ 2 I). Sie haben über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen (§ 74 I).- Arbeitgeber und B. haben Betätigungen zu unterlassen, durch die der Arbeitsablauf oder der ⇡ Betriebsfrieden beeinträchtigt werden; Maßnahmen des ⇡ Arbeitskampfes sind zwischen Arbeitgeber und B. unzulässig (§ 74 II). Auch parteipolitische Betätigungen sind zu unterlassen; die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer, sozialpolitischer und wirtschaftlicher Fragen, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen, ist jedoch erlaubt (§ 74 II).VII. Beteiligungsrechte des B.:1. Allgemeine Aufgaben (§ 80 I): U.a. a) darüber zu wachen, dass die zu Gunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; b) Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; c) die Eingliederung Schwerbehinderter und sonstiger bes. schutzbedürftiger Personen zu fördern; d) die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; e) die Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern.- Unterrichtspflicht des Arbeitgebers: Zur Durchführung seiner Aufgaben nach dem BetrVG ist der B. rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten. Ihm sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen (§ 80 II).- Arbeitgeber und B. haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach Recht und Billigkeit behandelt werden, v.a. dass jede unterschiedliche Behandlung aus Gründen des Geschlechts, der Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, der politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung unterbleibt (§ 75 I). Arbeitgeber und B. haben ferner die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu fördern (§ 75 II).- 2. Besondere Beteiligungsrechte (von erheblicher Bedeutung): a) ⇡ Soziale Angelegenheiten; b) ⇡ personelle Angelegenheiten; c) ⇡ wirtschaftliche Angelegenheiten; d) ⇡ Mitbestimmung; e) ⇡ Mitwirkung.VIII. Haftung des B.:Der B. ist (mit Ausnahme seiner Beteiligungsfähigkeit im ⇡ Beschlussverfahren) im allgemeinen Rechtsverkehr nicht rechtsfähig; er ist auch nicht vermögensfähig. Er haftet daher als solcher weder aus Rechtsgeschäft noch aus unerlaubter Handlung für Verbindlichkeiten oder Schäden, die durch seine Beschlüsse oder Erklärungen entstehen. Allenfalls eine Haftung von einzelnen Mitgliedern des B. kann in Betracht kommen (im Einzelnen umstritten).IX. Auflösung/Ausschluss:1. Der B. kann durch eine Entscheidung des ⇡ Arbeitsgerichts im ⇡ Beschlussverfahren (gerichtliche Auflösung) aufgelöst werden, wenn er seine gesetzlichen Pflichten grob verletzt (§ 23). Fallen die Verfehlungen nur einzelnen Betriebsratsmitgliedern zur Last, so können diese aus dem B. ausgeschlossen werden, ohne dass der B. selbst aufgelöst wird. Eine Abberufung des B. in einer ⇡ Betriebsversammlung oder durch Mehrheitsbeschluss der Wahlberechtigten ist nach dem Gesetz nicht möglich.- 2. Die Auflösung oder der Ausschluss kann vom Arbeitgeber, von einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft oder von einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht beantragt werden.- 3. Nach der Auflösung ist der B. neu zu wählen.
Lexikon der Economics. 2013.